Dienstag, 5. September 2017

Offener Brief an die Bundesregierung - PM 201709-01 vom 05.09.2017



sehr geehrte Damen und Herren,

wir sind in den Vergangenen Tagen auf einen Presseartikel aufmerksam gemacht worden, dessen Inhalt uns zu diesem öffentlichen Brief bewegt hat.
Es geht um das Schicksal von Frau W. (hier nachzulesen:
http://www.eu-schwerbehinderung.eu/index.php/aktuelle-beitraege/ihre-geschichte-m/37-yourstorry-20170904-01).

Deutschland hat am 30. März 2007 die UN- Behindertenkonvention unterzeichnet. Das war vor 10 Jahren. Die UN- Behindertenkonvention ist durch den Artikel 25 GG, dem eines Bundesgesetzes gleich zu stellen.
Das BVerfG hat dieses entsprechend bestätigt. Nach § 2 SGB IX sind „Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.“ – Somit sind auch Menschen, die pflegebedürftig sind, Menschen mit Behinderung.

Im Detail bedeutet das, dass auch pflegebedürftige Menschen, sowie Rentner mit Erwerbsminderung, durch die UN-Behindertenkonvention geschützt sind.



Der §34 Abs. 1 SGB XI beschreibt „Der Anspruch auf Leistungen ruht: solange sich der Versicherte im Ausland aufhält. Bei vorübergehendem Auslandsaufenthalt von bis zu sechs Wochen im Kalenderjahr ist das Pflegegeld nach § 37 oder anteiliges Pflegegeld nach § 38 weiter zu gewähren. Für die Pflegesachleistung gilt dies nur, soweit die Pflegekraft, die ansonsten die Pflegesachleistung erbringt, den Pflegebedürftigen während des Auslandsaufenthaltes begleitet,“

Unserer Meinung nach zeigt der §34 Abs.1 SGB XI ganz deutlich, dass Deutschland gegen die UN-Behindertenrechtskonvention verstößt. Dadurch das Pflegesachleistungen nicht in das EU- Ausland gezahlt werden, erfolgt die Schlechterstellung behinderter Menschen und begründet unserer Meinung nach, somit den Verstoß gegen die UN-Menschenrechte/Behindertenkonvention. Zumal diese Menschen, auch wenn im EU-Ausland lebend, weiterhin in das deutsche Sozialsystem/Pflegekasse einzahlen. Offizielle Stellen (Bundesministerien) verweisen als Begründung gerne auf Urteile. Jedoch muss man nach eingehender Prüfung feststellen, dass die Urteile den Aspekt der Behinderung nicht berücksichtigen. Wie man sich da als Bundesregierung dann drauf stützen kann, ist und bleibt für uns eine unbeantwortete Frage.

Das Schicksal von Frau W. zeigt zudem ganz deutlich, dass Deutschland durch diese Regelung sogar das Deutsche Gesundheitssystem zusätzlich belastet, da Medikamente in Deutschland wesentlich teurer sind. Selbst Pflegeeinrichtungen sind im EU-Ausland häufig (bis zu 50%) günstiger und haben mittlerweile teils bessere Standards, wie in Deutschland. Im Fall von Frau W. erfolgte im EU-Ausland sogar eine Milderung der Erkrankung, was neben den menschlichen Aspekt, zur weiteren Kostenreduzierung führt. Doch diese scheint vom deutschen Staat nicht gewünscht.

Vielleicht sollte sich die Bundesregierung mal aktiv um Dinge wie die Petition 70248 kümmern, die dem Deutschen Bundestag vorliegt, anstatt sich im TV zu duellieren.
10 Jahre UN-Behindertenkonvention und man hat den Verdacht, in Deutschland interessiert das in der Politik niemanden. Genau dieses Verhalten sollte man vielleicht zum Aufruf verwenden, dass die Menschen, gerade jene die betroffen sind, Deutschland endlich wegen „Verdacht des Verstoßes gegen Menschenrechte“ bei der UN anzeigen.

Auch der §41a SGB XII ist ein weiteres Beispiel, wie Menschen mit Behinderung behandelt werden. Pauschalisiert werden „4 Wochen“ Maximalurlaub für SGB XII Empfänger verhängt. Das hierdurch aber Menschen mit Behinderung automatisch schlechter gestellt werden (siehe auch §125 SGB IX - Sonderurlaub), halten wir für mehr als bedenklich. Außerdem, warum darf ein erwerbsunfähiger oder Rentner, der dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung steht, nicht länger in den Urlaub oder bspw. zu seinen im nahen EU-Ausland lebenden Kindern? Noch problematischer wird der §41a SGB XII, wenn die betroffene Person dadurch ihre Umgangspflicht mit den eigenen Kindern nicht mehr wahrnehmen kann.
Ganz abgesehen von einer Auslands- Rehabilitation. Diese wird mit dem Paragraphen komplett verhindert. Da darf man sich dann fragen, ob die Bundesrepublik Deutschland den Bürger nicht sogar an seiner Pflicht „alles zu tun um die Gesundheit wieder herzustellen“ hindert?

Das sind nur zwei Beispiele, die nach unserer Meinung einen klaren Verstoß gegen die UN-Behindertenkonvention darstellen.

Nach der Wahl ist vor der Wahl und von daher bitten wir den Deutschen Bundestag, noch vor der Wahl zu diesem Schreiben eine Stellungnahme zu verfassen und diese Einschränkungen aufzuheben.

Mit freundlichen Grüßen

EU-Schwerbehinderung - Redaktionsteam



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